Designerin Sofia Ilmonen

©Sofia Ilmonen
©Sofia Ilmonen
Sofia Ilmonen im Interview über ihre modularen Designs und die Entwicklung der ganzheitlichen Nachhaltigkeit in der Modeindustrie

Hallo Sofia, vielen Dank für deine Zeit. Würdest du dich kurz vorstellen- Wie würdest du dein Label beschreiben?

Als unabhängige Fashion Designerin liegt mein Fokus auf nachhaltigen und modular variablen Kollektionen. Meine Stücke bestehen aus quadratischen Modulen, die mit einem Knopf- und Schlaufenmechanismus zusammengesetzt werden und endlose Variationsmöglichkeiten bieten. Mein Designansatz kombiniert Weiblichkeit mit starken ethischen und nachhaltigen Werten, mit denen ich 2021 den Mercedes-Benz Nachhaltigkeitspreis des 36. Festival de Mode de Hyéres gewonnen habe. 

Ich habe meinen Abschluss am London College of Fashion gemacht. Bevor es dann mit dem Master an der Aalto University in meine Heimat Helsinki weiter ging, konnte ich unter anderem als Näherin für Alexander McQueen ausgiebige Erfahrungen sammel. Mein Label vereinbart Langlebigkeit mit femininer Diversität und modularen Pieces.

Die Kernidee der Kollektionen liegt in quadratischen Stoff Modulen, die die eigene Langlebigkeit der Kleidungsstücke durch die einzigartigen Strukturen und dennoch einheitliche Form der Module ausdrückt. Gleichzeitig sind meine Kleidungsstücke ein neuer Ansatz, da die identische quadratische Form der einzelnen Schnittteile später nicht die Funktion auf dem Kleidungsstück bestimmt. Daher können sie immer wieder neu zusammengesetzt werden.

Die Silhouetten aller Kleidungsstücke entstehen durch Falten und Raffen der Module. Diese werden so zusammengesetzt, das endlose Modifikationen oder vollständige Transformationen des Stils ohne Nähen möglich sind. Darüber hinaus sind alle Stücke größenlos und können daher vielen verschiedenen Körperformen und -größen angepasst werden. Die Bestandteile ​​des Kleidungsstücks bleiben gleich, aber die Form kann mit nur einem Knopfdruck verändert werden.

Nachhaltige Mode ist immer mehr im Bewusstsein der Kunden und auch ein Qualitätsanspruch. Wie gehst du mit diesem Thema um, wenn es um deine Entwürfe geht?

Mit dem Modularkonzept werden Haute-Couture-Techniken und Prêt-à-porter-Kleidung vereint, wodurch Luxuskleidung mit einem femininen, zeitlosen Stil entsteht. Luxus, der Generationen überdauern soll. Materialien werden sorgfältig auf ihre Haltbarkeit und Qualität ausgewählt. Sie werden auch aufgrund ihrer Nachhaltigkeit genutzt, da wir so wenig wie möglich Auswirkungen auf die Umwelt haben möchten. Unsere Lieferanten haben sich zur Einhaltung strenger Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards wie Öko-Tex-Zertifizierung, REACH und ZDHC MRSL-Verordnung verpflichtet.

Auch handwerkliches Können und lokale Produktion gehören zu diesem Thema - was ist dir dabei besonders wichtig?

Die Module werden nach den höchsten Standards von Hand gefertigt. Die Schönheit der Handwerkskunst zeigt sich an jedem Modul, bei dem jedes Knopfschlaufenband einzeln genäht wird. Für ein komplettes Modul werden etwa neun Stunden benötigt, für ein ganzes Kleidungsstück mit zwölf Modulen etwa 50 Stunden. Diese Technik ehrt die Kunst des Nähens und demonstriert gleichzeitig die Hingabe, mit der ein wandelbares Kleidungsstück hergestellt wird, das auf Langlebigkeit ausgelegt ist. Zur Unterstützung der handwerklichen Tradition und des Know-hows hier in Finnland findet die Produktion der modularen Kleidungsstücke in der Nähe des Studios in Helsinki statt.

Welche Entwicklung im Bereich der nachhaltigen Mode siehst, wenn du zurückblickst zur Zeit als du dein Studium begonnen hast zu heute?

Früher konzentrierte man sich bei nachhaltiger Mode lediglich auf umweltfreundliche Materialien, während man heute ganzheitlicher über das Modesystem nachdenkt und darüber, wie es nachhaltiger und zirkulär sein könnte. Es bringt nicht viel, Materialien von massenproduzierten Kleidungsstücken durch umweltfreundlichere zu ersetzen, wenn es nur denselben Fast-Fashion-Kreislauf nährt. Deshalb ist es großartig zu sehen, dass es heute viel mehr ganzheitliches Denken in der Mode gibt.

Was können wir von dir als Designerin erwarten und wie können wir weibliche Käuferinnen für nachhaltige Mode sensibilisieren oder gar dafür begeistern?

Ich werde weiterhin mit modularer, umwandelbarer Kleidung arbeiten, die neue Perspektiven für die Herangehensweise an nachhaltige Mode eröffnet. Im Moment entwickle ich neue Ideen, um die Kollektionsmodule in neue Silhouetten, Stile und Geschichten zu verwandeln. Die Vielseitigkeit einer so einfachen Form wie des Quadrats inspiriert mich immer noch!

Nachhaltige Mode ist spannend und weit entfernt von der sturen Vorstellung, dass es sich um unförmige Säcke handelt. Es gibt viele großartige und nachhaltige Marken, die aufgrund ihrer geringen Größe und begrenzten Ressourcen nicht genug Aufmerksamkeit erhalten. Die Herausforderung besteht darin, den nachhaltigen Marken mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sie für ein größeres Publikum so leicht wie möglich zugänglich zu machen.

Du hast die letzte Berlin Fashion Week im März 2022 eröffnet - wie war dein Eindruck der Berliner Fashion Szene?

Die Berliner Modeszene ist einzigartig und echt. Ich schätze auch, wie stark der Fokus auf Nachhaltigkeit liegt. Ich habe die Erfahrung bei der Berlin Fashion Week geliebt, nicht nur weil es meine erste eigene Show war, sondern auch wegen des Gemeinschaftsgefühls und der Aufbruchsstimmung in schwierigen Zeiten.

Hast du Labels/Marken aus Berlin gesehen, die dich inspiriert haben? Oder war es die Stadt selbst?

Berlin ist eine super aufregende Stadt und eine endlose Quelle der Inspiration. Es fühlt sich an, als würde ich bei jedem Besuch etwas Neues und Interessantes finden!

Werden wir dich wieder zur Berlin Fashion Week sehen?

Ich hoffe doch!

Vielen Dank für deine Zeit und das Interview.