Das waren die Shows der Berlin Fashion Week SS26

Zum Auftakt der Berlin Fashion Week am Montag zeigte Clara Colette Miramon in Zusammenarbeit mit PLATTE.Berlin ihre dritte Kollektion mit dem Titel “care” – eine Reflexion über die Sichtbarkeit von Fürsorge –, die von medizinischen Corsagen und Pflege-Uniformen inspiriert war. Darauf folgte das Berlin-Debüt des ukrainischen Labels VIKTORANISIMOV in der Feuerle Collection. Die uniformähnlichen Jacken und Cargohosen waren zwar komplett in Schwarz gehalten, doch die leichten Leinenstoffe, die an Verbände erinnerten, machten Hoffnung auf Heilung. Starke Kontraste spielten auch bei Berlin Contemporary-Gewinnerin Laura Gerte eine wichtige Rolle, die sich in ihrer Kollektion “Desire/Chaos” der Komplexität der weiblichen Erfahrung widmete. Stärke und Zerbrechlichkeit spiegelten sich nicht nur im transformativen Charakter der Kleidungsstücke, sondern auch in der Materialwahl wider – Seidentücher und Mesh trafen auf rohe Säume und harte Denim-Konturen. Für einen emotionalen Abschluss des ersten Show-Tages sorgte Kitschy Couture mit der Kollektion “Heimweh”. Das ebenfalls im Rahmen von Berlin Contemporary ausgezeichnete Label ließ traditionelle Vintage-Saris mit westlichen Codes zu einer emotionalen Liebeserklärung an die Herkunft und die neue Heimat der Designerin Abarna Kugathasan verschmelzen.
Am Dienstag übernahmen sieben weitere Berlin Contemporary-Gewinner:innen die Runways. Milk of Lime eröffnete Tag zwei mit seiner poetisch-punkigen Kollektion “CHIME”, die vom Erwachsenwerden in ländlichen Gegenden inspiriert war. Passend zum Glocken-Sound der Show sah man kleine Silberglöckchen an Tops, Gürteln und Taschen in Kombination mit hauchdünnen Stoffen, fließenden Silhouetten und Vintage-anmutenden Blumenprints. Die neue Kollektion von PALMWINE IceCREAM rückte erstmals Womenswear in den Fokus. Aus upgecyceltem Leder, Deadstock-Baumwolle, Organza und Mesh entstanden in Zusammenarbeit mit ghanaischen Kunsthandwerker:innen Pieces, wie ein Ballerina-Korsett aus Leder oder handbemalte Ledertaschen. Bei MARKE stand queeres Glück vergangener Epochen im Mittelpunkt: Historische Referenzen und sportive Elemente gingen Hand in Hand, während sanfte Materialien und Blumen-Jacquards die Liebesgeschichten der Romanfiguren erzählten, die Designer Mario Keine zur Kollektion “The Summer I Never Had” inspirierten. Balletshofer fand ebenfalls Inspiration in der Vergangenheit und forderte, Reisen in Zukunft wieder zu einem Moment zu machen, für den sich das Kleiden lohnt. Mit kastigen Anzügen, eleganten Capes und Tracksuits aus Spitze lieferte er direkt die passende Garderobe dafür. #DAMUR präsentierte mit “Make Me Water” eine Hommage an Fluidität – in Körper, Mode und Geist. Leuchtende Farben, transparente Stoffe und fließende Silhouetten trafen auf strukturierten Denim und Eco-Leder und erzählten von Hingabe, Wandel und der Kraft des Loslassens. Mit “Milieuschutz” präsentierte Richert Beil eine Kollektion, die sich dem Spannungsverhältnis von Erhalt und Erneuerung widmete. Als Inspirationsquelle diente der Umbau ihres neuen Ateliers – einer 135 Jahre alten Kreuzberger Apotheke. Florale Motive durchzogen die Kollektion als Symbol für Vergänglichkeit und Fürsorge: Ein oversized Blazer mit Rosenstickerei traf auf Seidenhemden und -Hosen mit handgemachter Spitze, während Latex-Lederhosen traditionelle Tracht neu interpretierten. Mit “Summer Time Sadness” präsentierte Sia Arnika ihre Version des “It Girls” – in knappen Shorts, hautengen Oberteilen mit Cut-outs, Micro-Faltenröcken, dekonstruierten Hemden, Minikleidern und den für das Label typischen Signature Clogs. Passende Menswear-Pieces komplettieren die Kollektion. Buzigahill blieb sich mit “RETURN TO SENDER 11” treu und setzte ein kraftvolles Statement zu Textilkolonialismus, Ownership und Rückgewinnung. Die Kollektion lebte von dekonstruierten Silhouetten, handgefertigten Patchworks und innovativen Schnittführungen. Rebekka Ruétz begibt sich mit ihrer Kollektion auf eine Reise zu einem wilden und freien Selbst, das keine Angst hat, unvollkommen zu sein. Anja Gockel fragt “Von welchen Farben träumt dein Glück?”. Marc Cain setzt mit “A Quiet Rebellion” auf Zurückhaltung und die Eleganz des Unaufgeregten - ein stiller Gegenentwurf in einer Zeit, in der oft Lautstärke und Tempo den Ton angeben.
Am Mittwoch verwandelte sich die historische West-Berliner Ausstellungshalle Palais am Funkturm in eine Bühne für INTERVENTION. Zum dritten Mal mit dabei: LUEDER, die mit der Kollektion “SL∀Y“ das Thema “slaying the dragon” erforschte. Inspiriert von uralten Mythen präsentierte sie rund um eine silberne Drachen-Installation ihre bisher farbenfrohste Kollektion, bei der metallisches Rüstungsgrau auf kräftige Farben und feminine Schnitte auf Utility-Pieces trafen. David Koma nutzte sein Berlin-Debüt, um seine erste Menswear-Show überhaupt zu präsentieren. Mit Y2K-Denim, grafischen Prints und verspielten Details wie Hibiskus-Broschen vereint die Kollektion “I Love David” Referenzen an David Beckham, Michelangelos David und den Designer selbst. Ottolinger feierte ebenfalls sein Debüt auf der BFW. Die Kollektion “Heidi” basierte auf der Idee, die coole große Schwester zu sein, die die Regeln bricht, damit man es selbst nicht muss. Passend dazu eröffnete Popsängerin Kim Petras die Show, in der Jersey-Teile, bedruckte Mesh-Kleider und -Tops sowie dekonstruiertes Tailoring und beschichtetes Denim zu sehen waren. GmbH überzeugte erneut mit der markentypischen Verbindung aus scharfem Tailoring und erzählerischer Tiefe. Die Kollektion “Imitation of Life” verband feine Boxing-Shorts, Tops und Hemden aus Satin mit strukturiertem Tailoring sowie Crop-Tops und Hoodies, die mit Statements versehen waren.
Die neue Kollektion von Haderlump ließ sich vom vergessenen künstlerischen Handwerk ”Exlibris“, das früher als Besitzkennzeichnung in Büchern diente, für seine gleichnamige Kollektion inspirieren. Subtile Prints und kontrastierende Ziernähte erinnerten an die kleinen Kunstwerke, während die große Vielfalt an natürlichen Materialien, die von Leinen über Leder bis hin zu Baumwolle und Wolle reichte, den Wert des Analogen im digitalen Zeitalter widerspiegelte. Auch SF1OG blickte zurück: Inspiriert von historischen Darstellungen liebender Frauen entstand eine Kollektion über romantische Sehnsucht. Passend dazu schickte das Label Models über den Laufsteg, die teilweise symbolisch von Amors Pfeil getroffen waren – in Jacken und Hosen aus antiken Stoffen, Kleidern mit Lederkorsagen und fließenden Röcken sowie tätowierten Lederwesten, die scheinbar eins mit der Haut ihrer Träger wurden. Die Gruppen-Show Berlin Curated bot Deutschlands 16 vielversprechendsten Mode-Studierenden, die kurz vor dem Abschluss stehen, eine Bühne und setzte damit ein starkes Zeichen für Nachwuchsförderung. In der UBER Arena zeigte Kilian Kerner im Rahmen der COLLECTIVEFOUR seine Kollektion “DDR. Die gestohlenen Kinder”. Danny Reinkes Kollektion wurde inspiriert von den legendären Wandteppichen des Maître de la Chasse à la Licorne und Marcel Ostertags Kollektion “Paradise” ist eine Hommage an das Miteinander, das Feiern und das Leben.
COLRS eröffnete den letzten Show-Tag mit “JUMPING FENCES” – einer Kollektion, die von einer Brasilienreise voller Leichtsinn, Abenteuer und jugendlicher Schwärmereien inspiriert war. Vintage- und Upcycling-Stücke erzählten Geschichten von unvergesslichen Momenten unter der tropischen Sonne. Orange Culture hingegen richtete mit “In the Shadow” den Blick auf das Unsichtbare. Designer Adebayo Oke-Lawal thematisierte damit das Tabu rund um psychische Gesundheit in seinem Heimatland Nigeria – und ermutigte mit feinen Stickereien auf leuchtenden Farben dazu, Verletzlichkeit sichtbar zu machen. Andrej Gronau präsentierte eine Kollektion, die für ihn typische, verspielte Details wie Schleifen, Streifen- und Sternmuster enthielt, aber trotzdem erwachsener wirkte. Denn neben karierten Hemden und Baumwollshorts in kräftigen Farben setzte der Designer diesmal vermehrt auf Strick und Tailoring in gedeckten Tönen. Gerrit Jacob entschied sich, seine neue Kollektion “Game Over” in Form eines Films zu präsentieren. Darin zu sehen waren Oversized-Pieces, die großflächig mit imaginären Banknoten bedruckt waren und damit auf Themen wie Kapitalismus, Konsum, Macht sowie Gier anspielten. Zum Abschluss der Berlin Fashion Week präsentierte IOANNES in der Orangerie Charlottenburg seine Kollektion “Better Grow Thorns Than Thicker Skin” – ein Plädoyer dafür, Verletzlichkeit nicht als Schwäche, sondern als Stärke zu begreifen. Diese Verletzlichkeit übersetzte der Designer in hautenge Silhouetten, transparente Stoffe, filigrane Rüschen und Pastelltöne, während kastig geschnittene Blazer und Mäntel sowie überlange Leder- und Paillettenfransen an Kleidern und Taschen in Schwarz Stärke symbolisierten. Nach ihrer letzten Show in London zeigte Tell the Truth nun im Rahmen der Berlin Fashion Week die neue Kollektion. Mitten im Zentrum der Hauptstadt, im Atrium Tower am Potsdamer Platz, präsentierte sich am 2. und 3. Juli 2025 die Designnachwuchsplattform Neo.Fashion. mit zahlreichen Fashion Shows, Events, Panel Talks und Awardverleihungen.