Interview

“In Zeiten der Unsicherheit gibt es Wichtigeres als Mode.”

Umbau des Showrooms, Aufbau des Online-Shops und Maskenproduktion: Die Berliner Designerin Natascha von Hirschhausen nutzt die Krisenzeit.
Natascha von Hirschhausen © Kerstin Jacobsen
Natascha von Hirschhausen © Kerstin Jacobsen

Die Berliner Designerin Natascha von Hirschhausen stellt mit ihrem, im Jahr 2016 gegründeten, gleichnamigen Fashionlabel nachhaltige, faire Luxus-Mode her. Alle Kleidungsstücke werden in Berlin nach höchsten sozialen und ökologischen Standards handgefertigt.

Bereits in ihrer Masterarbeit an der Kunsthochschule Weißensee ging es um “ethische Modegestaltung”. Seitdem ist einiges passiert: Frau von Hirschhausen engagiert sich für die Vernetzung junger Designer in Berlin und ganz Deutschland und hat die Plattform AETHIC, sowie den Verein Berliner Modedesigner mitgegründet.

Uns hat sie im Interview erzählt, wie es ihr in der aktuellen Krisensituation geht, welchen Projekten sie sich jetzt widmet und welche Sorgen sie hat, bezüglich möglicher langfristiger Veränderungen, die die derzeitige Pandemie auf die Modewirtschaft haben könnte.

Was hat sich durch die Corona-Maßnahmen für Sie geändert?

So ziemlich alles. Bis letzte Woche waren alle Stores geschlossen und einige sogar zahlungsunfähig und auch der Online-Vertrieb ist sehr eingebrochen. Ich kann das absolut verstehen. In Zeiten der Unsicherheit gibt es Wichtigeres als Mode. Besonders, da das gesellschaftliche und soziale Leben extrem eingeschränkt ist, tritt Mode als soziokulturelles Gut in den Hintergrund.

Aber ich habe verhältnismäßig großes Glück. Wir haben keinen eigenen Laden, sondern arbeiten mit Boutiquen und Concept Stores zusammen. So musste ich nur die Ateliermiete und weniger Personalkosten über die Zeit tragen, was natürlich eine große Entlastung ist. Natürlich habe ich der Schneidermeisterin, mit der ich arbeite, in der Zeit weiterhin Aufträge gegeben. Viele Freunde von uns haben es viel schwerer und ich hoffe inständig, dass sie es schaffen können. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich nebenbei eine Lanze für folgende Läden und Label brechen: Möon, Mazooka, SYLD, KONK, Wertvoll, Homage, Corvera Vargas, Quite Quit, ZAMT, Folkdays, uvm. die gerade sicher jede Unterstützung brauchen können.

Wie gehen Sie mit der aktuellen Situation um?

Wir haben die Zeit erstmal genutzt, um Projekte umzusetzen, für die wir sonst keine Zeit haben, wie den Umbau von Atelier und Showroom, ein neues nachhaltiges Designer-Netzwerk, Buchhaltung, Aufbau des neuen Online-Shops und letztendlich auch schöne Dinge, wie etwas mehr Zeit für neue Entwürfe zu haben. Inzwischen nähen wir auch Stoffmasken und bieten sie zum Selbstkostenpreis an. Es gibt immer genug zu tun – auch, wenn wir aktuell nicht gut verkaufen können.

Und ich freue mich darauf, dass ab Juli unser neuer Online-Shop mit der neuen Kollektion gelauncht wird und bin gespannt, wie sich die Situation bis dahin entwickelt.

© © Kerstin Jacobsen

Was denken Sie, wie wird die Corona-Krise die Berliner Modewirtschaft auf längere Frist beeinflussen/verändern?

Ich glaube, das kann man noch nicht abschätzen. Meine Sorge ist, dass wir das verlieren könnten, wofür Berlin steht: Eine große Vielfalt an unabhängigem Design, kreativen Standpunkten und nachhaltigen Konzepten – ich sehe gerade die Vielzahl an unabhängigen, kleinen Unternehmen mit innovativen, kreativen Konzepten als Stärke von Berlin, deshalb arbeite ich auch unermüdlich für nachhaltige Netzwerke zwischen diesen Unternehmen. Zusammen sind wir stärker!

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