Interview
Interview mit Marcus Kurz, CEO von Nowadays und Veranstalter der MBFW
Wir sprachen mit Marcus Kurz, Co-Initiator des Berliner Mode Salons, CEO von Nowadays und Veranstalter der MBFW, über die in wenigen Tagen stattfindende Fashion Week und dem Kernthema : Nachhaltigkeit in der Berliner Mode und in der Modeindustrie allgemein.
Marcus Kurz, der auch in der internationalen Modewelt erfahren ist, hat die Entwicklung Berlins als Modestadt mit eigener Identität mit vorangetrieben. Der Berliner Mode Salon bietet jungen und etablierten deutschen Designern eine Bühne. Das Rahmenprogramm der MBFW von NOWADAYS im Kraftwerk Berlin bildet den Auftakt zu einer Modewoche im Zeichen von Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung - mit dem Ziel, die Strahlkraft deutscher und nachhaltiger Mode zu fördern.
Die MBFW und Der Berliner Mode Salon sind fester Bestandteil der Berlin Fashion Week – und das schon seit mehreren Jahren. Was unterscheidet und was vereint die beiden Plattformen?
Die MBFW präsentiert nationale und internationale Designtalente in Runway Shows, Panel Talks und Präsentationen – alles digital und physisch. Wir bieten den Designer*innen eine Bühne, auf der sie sich zu 100 Prozent entfalten und emotional präsentieren können. Große Namen und spannende Newcomer*innen treffen hier aufeinander und erhalten die größtmögliche Bühne vor ausgesuchtem Publikum und Presse. Im Rahmen beider Formate werden auch diese Saison wieder mehr als 60 Designer in über 70 Länder über unsere Kanäle gezeigt.
Der Berliner Salon ist zurückgenommener, hat den Fokus auf nationalem Design und ist mehr als kuratiertes Ausstellungskonzept in Tradition der Salon-Kultur zu sehen. Exklusivität spielt hier auch eine herausstechende Rolle, wobei beide Formate immer hybrider und zugänglicher werden. Beide vereint unser wachsender Fokus auf Nachhaltigkeit.
Mercedes Benz ist mit seinem Fashion Week Konzept auch international vertreten. Was unterscheidet deiner Meinung nach Berlin von anderen Fashion Weeks?
Berlin ist immer im Wandel, gleichzeitig von hoher Qualität und Innovationskraft. Die "Unsere Fashion Week" ist Understatement. Der Fokus liegt hier nicht auf einem großen Show off der Marken, sondern auf den gezeigten Talenten und ihren Entwürfen. Wir möchten Berlin zu einer Plattform für internationale Emerging Talents mit ausgeprägten Fokus auf Nachhaltigkeit etablieren. Wir möchten Designer finden und zeigen, die noch nicht in Mailand, Paris oder NY gezeigt wurden. Hierbei
Die Berlin Fashion Week wird mit Der Berliner Salon am Montag, den 14. März sozusagen eröffnet. Was erwartet die BesucherInnen?
Der Berliner Salon ist eine in dieser Form sehr einzigartige Gruppenausstellung deutscher Designexpertise. Diese Saison zeigen 31 ausgesuchte Mode- aber auch Accessoire- und Schmucklabels sowie Handwerk-Manufakturen aus Deutschland ihre neuen Entwürfe und ihr handwerkliches Können. Bemerkenswert ist sicherlich, dass der Schwerpunkt seit dem ersten Berliner Salon 2015 auf der Qualität und Wertigkeit von „Design made in Germany“ liegt. Kurartiert wurde die Auswahl der Designer*innen und Entwürfe auch dieses Mal von der Initiatorin Christiane Arp und es wird diesmal ein sehr spannender Mix aus etablierten Brands wie etwa Aeyde, Lala Berlin, Fiona Bennett oder Rianna + Nina und vielversprechenden neuen Namen und Konzepten wie Schmuckdesignerin Anna Auras, 2020untained, SUS Berlin und Société Angelique gezeigt.
Via Instagram (@mbfw.berlin / @derberlinersalon) und online (fashionweek.berlin / mbfw.berlin) wird Der Berliner Salon auch digital erlebbar sein.
Gibt es bestimmte Kriterien für die DesignerInnen, die im Berliner Salon ausstellen?
Die Idee der Gruppenausstellung ist es, deutsches Handwerk und Designer*innen zu fördern und eine Plattform zu bieten. Ausgewählt werden entsprechend Designer und Handwerksbetriebe aus Deutschland mit einem klaren Kommittent zu Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit, achtsame Produktion und zukunftsorientierte Designs stehen im Vordergrund der ausgestellten Mode im Der Berliner Salon. Wie ist das zu verstehen und wie spiegelt sich das in den Kollektionen wider?
Gutes Handwerk, Design und Nachhaltigkeit gehen Hand-in-Hand. Der Berliner Salon hat durch seinen Fokus auf nationales und Berliner Design dieses sowie die dahinterstehenden Personen schon immer nachhaltig gefördert. Unsere Designer*innen stehen für unterschiedliche Ansätze von verantwortlicher, achtsamer Produktion. So stehen lokale Beschaffungsansätze, langjährige Zusammenarbeit mit ausgewählten Familienbetrieben, faire soziale Produktionsbedingungen, die Nutzung von pflanzlicher und biologisch abbaubarer Anomalie, in Form von im Kleidungsstück eingenähte QR-Codes transparente Wertschöpfungsprozesse, die Wiedereingliederung von Stoffen in den Designprozess, von Hand genähte Entwürfe und vieles mehr hinter den Kollektionen der Designer*innen. Es ist uns wichtig, verschiedenen Wege zu integrieren, und nicht einen als den „richtigen“ herauszustellen, da sie alle ihre Relevanz und Bedeutsamkeit haben.
Wie stark ist Berliner Mode, wenn es um Nachhaltigkeit geht?
Viele Kreative sind im Laufe der Jahre zu Vorbildern in der Branche in Sachen Nachhaltigkeit geworden, die unterschiedliche Ansätze von verantwortlichem und achtsamem Design verfolgen. Ich denke hier an Designer*innen wie Julia Leifert, die lokal beschafft und in Handarbeit ihre Kreationen hergestellt, Karen Jessen, die für transparente Schneiderkunst und die Nutzung von bereits bestehenden Materialien ohne Abfallerzeugung steht, und LMLstudio, der von Hand Kleidung ohne Geschlecht und Größenzuordnung schafft - um nur einige zu nennen. Berlin ist ein kreativer und innovativer Schmelztiegel, wenn es um neue nachhaltige Lösungen in Sachen Produktion und Design geht. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht nicht verstecken.
Nicht nur die Berlin Fashion Week steht im Wandel, sondern die komplette Modebranche weltweit – wie siehst du die Entwicklung und vor allem die Chancen?
Die großen Themen, die im Raum stehen, sind in jedem Fall Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wie können wir mit der MBFW nachhaltigen Innovationen und Designer*innen nicht nur eine Plattform bieten, sondern sie auch aktiv fördern? Der Trend geht zu weniger, ausgesuchter und achtsamer in Sachen Mode Design. Gleichzeitig werden die neuen Kollektionen in Echtzeit auf die Bildschirme der Kund:innen und Interessierten gebracht. Die Grenze zwischen B2B und B2C verschwimmt. Mode wird nahbarer, Design demokratischer. Die gelebten Gesetze der Mode werden aktuell neu definiert und das sehe ich als große Chance, um unsere Arbeit und Anliegen und auch die Wertschätzung für gutes, nachhaltiges Design, breit erfahrbar zu machen.
Corona hat auch zwingendermaßen zum Wandel beigetragen z.B. haben sich hybride Konzepte bewährt, EinkäuferInnen müssen vielleicht gar nicht mehr physisch vor Ort sein, Networking geht heutzutage auch digital. Wird das so bleiben in der Modebranche und gibt es da seitens MBFW Konzepte, die den Wandel mit vorantreiben? Oder bist du der Meinung, dass man Mode physisch erleben muss?
Über unsere Webseite und Social Media wird die MBFW auch digital erlebbar sein. Die Shows und Panel Talks finden hybrid statt. Daran führt kein Weg vorbei. Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass man gerade Mode und Design erst richtig vor Ort erleben kann. Es geht um mehr, als die Kleidung, es geht um ein Gesamtkonzept, wenn man so will. Das spiegelt sowohl bei der MBFW und auch Der Berliner Salon sehr gut wider: Mode und Design im Kontext zueinander, im Zusammenspiel mit Architektur und Raum. Gutes Design ist ein Erlebnis mit allen Sinnen, das man nur vor Ort wirklich erfährt. Gleichzeitig ist es natürlich auch wichtig, die Stoffe der Entwürfe zu fühlen oder bei einer Show getragen in Bewegung zu sehen.
Zurück zur MBFW: Neben den Runway Shows finden auch Talks statt. Was sind die Hauptthemen? Und das Ziel der Talks?
Wir haben diese Saison vier Talks: „Fashion - Repairs and Restoration“ in Zusammenarbeit mit Fashion Open Studio. „What would Karl do - How to be a designer now and then“ mit Christiane Arp und Designerin Tina Lutz. Beim Gespräch von She’s Mercedes, einer Initiative von Mercedes-Benz, beleuchten die Teilnehmerinnen der Gesprächsrunde „Sustainability: The luxury of our future“. Abschließen wir die Panel Talk-Reihe am Mittwochnachmittag „Can the Future be Handmade? - Indian and German perspectives“ von den Initiatorinnen des deutsch-indischen Projekts made/in.Alle Talks kreisen um die Themen Nachhaltigkeit, Nachwuchsförderung, die Chancen von Digitalisierung und der Frage, wohin die Reise geht für die Branche.
Das Highlights der MBFW ist die Opening Show, die auch am 14. März abends stattfindet – könnt ihr schon verraten, wer die Berliner Modewoche eröffnen wird?
Es wird die aus Helsinki stammende Designerin Sofia Ilmonen sein. Ilmonen ist Preisträgerin des neuen Mercedes-Benz Eco-Responsible Collection Awards von dem International Fashion, Photography and Accessoires Festival Hyères. Wir sind stolz, dass eine so talentierte, nachhaltige Designerin eröffnet. Zusammen mit Mercedes-Benz weiten wir unseren Fokus auf nachhaltige Mode stets aus und Designer*innen wie Ilmonen setzen hier ein starkes Statement.
Ihr seid mit der MBFW und mit Der Berliner Salon seit Jahren dem Modestandort Berlin treu – was macht Berlin hinsichtlich Mode so besonders?
Berlin sitzt im Herzen Europas und ist ein Schmelztiegel von Mode, digitalen Innovationen, Start-ups, Handwerk und Geschichte. Als Hauptstadt ist Berlin noch immer flexibel und offen, unmöglich gibt es hier nicht. Berlin ist eine Weltstadt, aber gleichzeitig herrscht hier noch die „Einfach-machen-Mentalität“. Wir haben hier ein dichtes und starkes Netzwerk aus Kreativen die sich gegenseitig unterstützen.
Gemeinsam mit den Akteuren aus der Berliner Kreativ-Wirtschaft wollen wir Berlin nachhaltig zur Hauptstadt der Kreativ-Wirtschaft in Europa platzieren und weiterentwickeln. Das ist eine echte Chance für die Stadt Berlin! Mit der MBFW, Der Berliner Salon und auch dem Fashion Council Germany ist hier der Sitz von den drei größten Triebfedern für Mode in Deutschland.
Alle Events der MBFW und des Berliner Salons finden sich im offiziellen Kalender der Berliner Fashion Week 2022. Um weiterhin nichts zu verpassen, schaut bei @mbfw.berlin oder @berlinfashionwe auf Instagram vorbei.