ZEITmagazin x VOGUE Konferenz Mode & Stil

Zur achten Konferenz traf man sich zum Thema "It's The Fashion, Stupid!" – Ein Rückblick über die wichtigsten Themen

Zum achten Mal trafen sich am 16. Januar 2016 Modeexperten und wichtige Branchen Interne zur "ZEITmagazin x VOGUE Konferenz Mode & Stil" im Berliner Kronprinzenpalais. Dieses Jahr hieß das Thema "It's The Fashion, Stupid!" – ein Motto, das beweisen soll, dass auch die, die sich angeblich nicht für Mode interessieren, dafür interessieren – denn Mode berührt alles und jeden.

Kunst, Theater, Fotografie, Autodesign, die Themen Nachhaltigkeit und Business-Performances kamen auf der Konferenz zu Wort. Noch nie waren die Gäste so divers, wie dieses mal. Doch das nicht ohne Grund.

Traditionell beginnt die ZEITMagazin x VOGUE Konferenz mit einer Ansprache des Style Director des ZEITmagazins Tillmann Prüfer. Doch diesmal zog der Chefredakteur des ZEITmagazins, Christoph Amend, einen besonderen Gast vor: die Gattin des US-amerikanischen Botschafters Kimberly Emerson in einem Outfit des Berliner Labels Nobi Talai. Amend fragte sie, ob sie angesichts der bevorstehenden Vereidigung Donald Trumps Hoffnung geben kann. Sie verwies darauf, dass er als Präsident von mehreren Institutionen gebremst wird und forderte alle auf aktiv zu werden, so wie sie es auch mit ihren Töchtern tut, denn sie werden am "Women's March" in Los Angeles teilnehmen und alle als Symbol der femininen Stärke, Hosenanzüge tragen.

Tillman Prüfer schloß ihrer Rede an und brachte eine Rose mit, die das letzte Jahr als Einladung für die Fashion Show des Pariser IT-Labels "Vetements" fungierte. Er sprach von dem Kampf, um die Plätze auf einer Show und davon, dass die Modebranche oft so tut, als wäre sie eine sehr kleine Szene. Dabei ist der Gegenteil der Fall: Mode ist immer größer geworden und begleitet uns immer und überall. Die Mode ist, laut Prüfer, das bewegende Prinzip unserer Zeit und die größte Bedrohung für die Mode ist ihr eigener Dünkel, nämlich das Bedürfnis nach Abgrenzung.

Als erstes Thema, befasste man sich mit der Stellung der Frau in der arabischen Welt. Anum Bashir, Gründerin von desertmannequin.com und Creative Consultant, betonte immer wieder, dass sie nicht dem klassischen Klischee einer arabischen Frau entspricht, aber dass genau dieses Klischee gleichzeitig nicht mehr aktuell ist. Viele Frauen, genau wie sie, sind einfach nur modisch und trendorientiert gekleidet. Sie sieht die Modwelt der arabischen Länder in einer Phase der "Transition", in der ein Fieber für etwas neues herrscht. Als ein Beispiel für ein Label, das Tradition und Moderne mixt, nannte sie Bouguessa, sie fertigen das traditionelle Gewand Abaya und interpretieren es neu.

Als nächsten Gäste begrüßt Amend den designierten Intendant der Volksbühne, Chris Dercan und Anja Aronowsky Chronberg, die Gründerin des Vestoj Journals. Sie erzählen von den Emotionen, die hinter Mode stecken können. Cronberg berichtete von der Liebesgeschichte des Designerins Rick Owens und seiner Lebenspartnerin und Muse und dass sie erst aufgrund eines Kleides, dass Rick Owens nur für sie designt hatte, ihre Gefühle begreifen konnten. Mit diesem Beispiel wird gezeigt, dass Mode eine Verkörperung von Erinnerungen werden kann. Dercon nannte zusätzlich mehrere Instagram-Persönlichkeiten, die Mode und sich selbst sehr unterschiedlich interpretieren. Wie "the thing called fashion" heutzutage kommuniziert wird, gleicht in seinen Augen oft den Prinzipien eines Theaters, einer schönen Illusion, die geschaffen wird.

Besonders freute man sich auf das Interview von Christiane Arp mit Livia Firth, Eco-Aktivistin seit 2007. Sie berät mit ihrer Agentur "Eco Age" Firmen zum Thema Nachhaltigkeit. Der Moment ihres Erwachens war in Bangladesh, bei dem Besuch einer Textilfabrik. "Ich konnte nicht glauben, dass auch ich verantwortlich für das Elend dort bin, da ich Fast-Fashion kaufte", so Firth. Sie plädiert dafür, gegen die Fast Fashion Industrie anzugehen und weißt darauf hin, dass große Firmen ihre Strategie des Konsums nicht ändern werden, so lange die Käufer nicht ihr Kaufverhalten ändern und weniger Masse kaufen. Große Modehäuser, wie auch Luxus Marken müssen so schnell mit neuen Trends hinterher sein, dass es fast unmöglich ist, sich mit alternativen Materialien und Produktionsweisen auseinanderzusetzen. Firth findet es wichtig der jungen Generation vorzuleben, dass es keine Schande ist, mehrfach das gleiche Kleid zu tragen und ruft auf, sich nur noch Sachen zu kaufen, die man mindestens dreißig mal tragen würde. "Wir können heute nicht mehr so tun, als wüssten wir nicht, wie etwas produziert wird", ein Statement, dass sich in die Köpfe der Besucher brennt und für laut zustimmenden Applause sorgte.

Pascal Morand, Executive President der Fédération Francais de la Couture, ist ein Beweis dafür, dass Mode nicht nur eine Kunstform, sondern auch ein Geschäft ist. Er sieht die Veränderung in der Modewelt sehr positiv. Die digitalen Einflüsse sind eine Revolution und bringen uns dazu, mehr darauf zu achten, was in der Welt passiert und was sich die Kunden wünschen. Nur in dem "see-now-buy-now" Prinzip, dass sich derzeit stark entwickelt, sieht er eine Gefahr für die Kreativität. Morand betrachtet Fashion Weeks weiterhin als notwendig für das Netzwerken und Zusammenkommen von Menschen aus der Branche. Berlin sei dabei auf einem guten Weg.

"Die Mode muss die Entwicklungen in der Gesellschaft widerspiegel", so Floriane de Saint Pierre, eine der Wichtigsten Networkerinnen in der Modeszene. Sie rät den Designern dazu, einen Traum zu haben und bloß nie zu kopieren, was schon Erfolg hat. Gutes Modedesign für sie ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Bewegung und des Zeitgeistes. Als Beispiel nannte sie Nicolas Ghesquière, Alexander Wang und Demna Gvasalia, die zu ihrer jeweiligen Zeit als Kreativdirektoren von Balenciaga genau das taten und für die Jugend symbolisierend sind. Das Gleiche gilt für Tom Ford und Alessandro Michele: Zu ihrer Zeit bei Gucci gaben bzw. geben sie genau das wieder, was die Gesellschaft beschäftigte. Es geht in der Mode nicht nur darum Dinge zu entwerfen, sondern auch darum, ein Produkt zu entwerfen, dass für eine Kultur steht, zu der man gehören will. Aus diesem Grund sind für de Saint Pierre Kreative, die kein Mode Design studiert haben, meist die besseren Designer. Weiterhin treten wir gerade in eine neue Ära ein, wo ein Creative Director nicht nur für das Design steht, sondern auch das gesamte visuelle Auftreten einer Marke bestimmt.

Christian Felske, Exterior Design Leader von Seat und Designer William Fan bekamen zum Start ihres Gespräch als erstes eine kleine Aufgabe. Fan sollte ein Outfit für Herrn Felske zeichnen und Felske ein Auto für William Fan. Währenddessen sprach man darüber, wie unterschiedlich und gleich man in der Auto- und Modeindustrie ein Produkt entwickelt. Das Fazit ist, die Autoindustrie muss mehr auf das Design achten und schneller reagieren, wohingegen die Modeindustrie sich auf die Sinnlichkeit fokussieren sollte. Designer sollten unabhängiger denken und sich von der Dynamik der Branche tragen lassen.

Pierpalo Ferrari, eine Teil des Kreativ-Duos hinter dem ToiletPaper Magazine, konnte nur schwer erklären, wie die Ideen seines extravaganten Stils zusammen mit Maurizio Cattelan enstehen. Doch genau darum geht es bei wahrer Kreativität. Er lässt sich von allem, was um ihn herum passiert, inspirieren und dass sie sich nie auf ein festes Konzept versteifen, sondern spontan bleiben. Das Besondere an diesem Interview, Ferrari schaffte es nicht persönlich zu kommen und wurde per Skype live dazu geschalten.

Als letztes kam Ingo Wilts, Chief Brand Officer von Hugo Boss, zum Gespräch. Bis vor kurzem hatten sie noch mehrere Untermarken, wie Boss Orange und Boss Green. Ab sofort gibt es aber nur noch zwei Linien: Hugo und Boss. Studien ergaben, dass Markenunterteilungen für Kunde keinerlei Rolle spielen. Auerdem muss laut Wilts, die Lücke zwischen Runway und den Kollektionen in den Läden geschlossen werden. Heute ist es wichtiger denn je, eine Marke emotional aufzuladen und ihr gleichzeitig treu zu bleiben.

Alles in allem wurde immer wieder betont, dass die Mode mächtiger ist, als man denkt und sie ernst nehmen sollte – und zwar in jedem Bereich, auch außerhalb der Kreativbranche. Wer denkt, er kann sich der Mode entziehen, liegt falsch, wie man nach diesen verschiedenen Gesprächsrunden beweisen kann.