Labels to watch: Das sind die Berlin Contemporary-Newcomer

© Clara Colette Miramon
© Clara Colette Miramon

Bereits zum vierten Mal wurden im Rahmen des Wettbewerbs Berlin Contemporary 18 Brands ausgezeichnet, darunter in dieser Saison vier spannende Neuzugänge. Wer bereits international für Aufsehen sorgte und warum man modisch keine “Scheu vor der Leere” haben sollte, lesen Sie hier.  

GmbH

Obwohl Serhat Işık und Benjamin A. Huseby bereits 2016 gemeinsam das Label GmbH in Berlin gründeten, feiern sie erst kommende Saison ihr Runway-Debüt in ihrer Heimatstadt. Der Grund: Mit ihrer Mode trafen – und treffen – sie den Nerv der Zeit; ihre Kollektionen waren – und sind – hochgelobt, sodass das Duo mit türkischen und pakistanischen Wurzeln direkt den Sprung auf die große Modebühne wagte. Mit Erfolg: Ihre Runway-Shows präsentieren sie normalerweise in Paris, das Label ist bei BoF 500 gelistet, sie waren für den LVMH-Preis nominiert und gehörten zu den Finalisten des ANDAM- und Woolmark-Awards. Weltstars wie Dua Lipa, Beyoncé, Rihanna oder Kylie Jenner trugen bereits Custommade-Looks und Işık und Huseby leiteten als Creative Directors schon Trussardi. 

Während Serhat Işık an der Berlin Weissensee School of Art seinen Modedesign-Master machte, stammt Benjamin Huseby aus einer ländlichen Gegend in Norwegen und studierte bildende Kunst am Chelsea College of Art und an der The Royal Art Academy Oslo. Schon seit der Gründung des Labels stehen im Mittelpunkt der GmbH-Kollektionen das Geschichtenerzählen. So berichten ihre Looks von den Erfahrungen der beiden als Migrantenkinder, sind inspiriert von der Berliner Club- und queeren Musikszene, während ihre Ästhetik zwischen deutscher Arbeiterkleidung und Pariser Couture changiert. 

Horror Vacui

Eine Ode an Detailreichtum sind alle Entwürfe und der Labelname ist modisches Leitmotiv: Horror Vacui bedeutet aus dem lateinischen übersetzt „Scheu vor der Leere“. Ganz nach diesem Motto findet man in Anna Heinrichs’ Designs keinen Raum für Zurückhaltung. Oftmals sind alle Looks übersät mal kleinteiligen oder großflächigen Prints, seien es farbenfrohe Blumen, fantasievolle Märchenwelten oder grafische Muster. Hinzu kommen romantische Schnitte, die überaus detailverliebt sind und traditionelle, aber modern interpretierte bayerische und europäische Handwerkstechniken – etwa handplissierte Froschgoscherl oder Wabenmuster – vereinen. Nicht nur modehistorisch, sondern auch ganz allgemein, legt Anna Heinrichs großen Wert auf Nachhaltigkeit: Von den Materialien bis hin zur Produktion in einem ukrainischen Atelier, wo seit der Gründung ihres Labels 2014 alle Looks von Hand entstehen. Nachdem die Designerin ihre Kollektionen für Horror Vacui bisher in Paris präsentierte, kehrt sie nun wieder nach Deutschland zurück – und hat gleich zwei Gründe zu feiern: Nicht nur ihr zehnjähriges Label-Jubiläum, sondern gehört die Münchnerin diese Saison auch zu den Gewinner:innen von Berlin Contemporary.

Balletshofer

Eine modische Lücke möchte Alan Balletshofer mit seiner Brand schließen und schafft mit seinen Kollektionen den stilistischen Spagat zwischen maßgeschneiderter Handwerkskunst und zeitgenössischer Streetwear. Sein Faible für das Gegensätzliche zieht sich durch alle seine Kollektionen: So verbindet Balletshofer gerne die Vergangenheit mit der Gegenwart, lässt traditionelle Schnitttechniken auf innovative Materialien prallen – und viceversa – oder kombiniert etwa klassische, italienische Herrenschneiderstoffe mit streetstylesquen Oversize-Silhouetten. „Mein kreativer Prozess ist eine Verschmelzung von Kunst, persönlichen Erfahrungen und Alltagsbeobachtungen. Außerdem lasse ich in meine Entwürfe Erinnerungen aus meiner Teenagerzeit und meinem jungen Erwachsenenalter einfließen, um sie mit einer Mischung aus Nostalgie und Innovation zu versehen. Neben traditionellen künstlerischen Einflüssen lasse ich mich von der Architektur und den alltäglichen Erfahrungen des urbanen Lebens inspirieren“, so der Designer. Außerdem entstehen alle Looks aus nachhaltigen, „Circular Fabric“ zertifizierten Materialien. 

Nach seinem Studium an der Akademie Mode und Design und beruflichen Zwischenstopps, etwa im Atelier von 032C, gründete der gebürtige Schwabe 2019 sein eigenes Label mit Sitz in Tübingen. 2023 debütierte er mit seiner ersten Runway-Kollektion während der Berlin Fashion Week und wurde diese Saison als einer der Berlin Contemporary-Gewinner ausgezeichnet. 

Clara Colette Miramon 

2021 gründete die AMD-Absolventin Clara Colette Miramon ihr gleichnamiges Label in Berlin und gehört diese Saison zu den Gewinner:innen von Berlin Contemporary. Clara Colette Miramon modischer Antrieb: Durch die Stärkung des eigenen Körpergefühls Frauen mehr Selbstbewusstsein zu schenken. Inspiration findet die Designerin seit jeher in ihren eigenen Kindheitserinnerungen, Coming-of-Age-Stories und Subkulturen. Für ihre überaus sinnlichen Looks verwebt sie geschickt traditionelle Techniken, historische Schnitte und Materialien mit zeitgenössischer Popkultur. Gleichzeitig hinterfragt und erforscht sie die traditionelle Rolle der Frau und feiert die weibliche Sexualität. Spezialisiert auf Korsetts, die mal rekonstruiert, neu interpretiert oder aus untypischen Materialien – etwa Denim – entstehen, sind ihrer Looks meist überaus figurbetont und reichen von schmalen Leggins, Miniröcken bis hin zu abstrakten Kleider mit, so sagt sie selbst, „strategischen“ Cut-Outs. Eine internationale Fanbase hat sich die Jungdesignerin bereits aufgebaut, denn Rap-Größen wie Doja Cat und Kali Uchis tragen bereits ihre Entwürfe. 

Auch auf Nachhaltigkeit legt sie großen Wert: Alle Looks entstehen nach dem Made-to-Order-Prinzip und 80 Prozent der verwendeten Materialien sind recycelt.