Fashion im Metaverse - Ein neues Kapitel der Mode (?)

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Die Berlin Fashion Week steht für Innovation, Nachhaltigkeit und urbane Strahlkraft. Aber nicht nur in der Offline-Welt wird das Potenzial für neue Absatzwege in der Modebranche erlebt: Mit Einzug des Metaverse in unseren Alltag zeigen sich auch für die Modebranche neue, noch unausgeschöpfte Potenziale: Von nachhaltigen Vertriebskanälen über Brand Experiences oder Zugänglichkeit von Mode für den Endverbraucher. Der Kreativität stehen fast keine Grenzen mehr im Wege.

Bereits im März 2022 fand die erste Metaverse Fashion Week auf der Plattform Decentraland statt. Große Labels wie Dolce & Gabbana inszenierten sich in der virtuellen Welt vor einem großen Publikum gleichermaßen virtueller Besucher:innen und zeigten in Form von digitalen Runway Shows und Wearables, dass die Zugänglichkeit für den Endverbraucher bereits jetzt großes Potenzial und nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für Kreativität, Markenerlebnisse und Kundenbeziehungen bietet.

Aktuelle Beispiele für die Entwicklung der Branche zeigen auch diese beiden Projekte der letzten Monate. 

Das Berliner Start-up yoona.ai, welches mit ultrarealistischen 3D-Designs für den B2B/ B2C Bereich einen neuen Ansatz für Digital Fashion entwickelt, gewann im Oktober den European Metaverse Award und ebnet Einkäufer:innen und Endkonsument:innen ressourcen- und kostensparende Kollektions-Erlebnissen ohne physische Präsenz. Mit dem “Yoonaverse - The Berlin Metaverse®" können Fashionbrands ihre immersiven Kollektions-Erlebnisse zur Berlin Fashion Week im Januar 2023 präsentieren.

Und auch die AMD (Akademie Mode und Design) launchte im November diesen Jahres im Rahmen der Global Fashion Conference gemeinsam mit dem Fachbereich Design der Hochschule Fresenius ein eigenes Metaverse-Projekt zum Thema Fashion Sustainability, an dem auch der German Fashion Council, offizieller Partner der Berlin Fashion Week, beteiligt war. Mit einem virtuellen Marketplace, der Zugang zu Information, Inspiration und Kommunikation bot, wurde ein digitaler Ort geschaffen, der die zusätzlichen Möglichkeiten, physische Veranstaltungen zu begleiten, aufzeigte. 

Auch das Modelabel Marcell von Berlin hat sich diesen zukunftsweisenden, hybriden Ansatz im Rahmen der Berlin Fashion Week im September zu Nutzen gemacht. Als Off-Site Event neben den klassisch stattfindenden Runway-Shows wurden im Showroom der Berliner Brand Experience Agentur SHOWZ Designs der neuen Kollektion mit Hilfe von Augmented Reality präsentiert und das Konzept eines virtuellen, futuristischen Schaufensters zum Leben erweckt. Die technische Umsetzung leistete die Agentur dabei gemeinsam mit STYLE PROTOCOL und Studio Deussen.

Das Publikum der Berlin Fashion Week sowie Passant:innen konnten via Smartphone und Scannen eines QR-Codes am Schaufenster das virtuelle Ambiente einer fiktiven Wüstenlandschaft, inspiriert von der Landschaft Los Angeles, aktivieren und passend dazu die Kreationen des Designers entdecken. Die Installation zeigte die bereits vorhandenen Möglichkeiten eines Schaufensters der Zukunft, welches nahezu überall und unter nachhaltigen Aspekten kreiert und jederzeit adaptiert werden kann. Vor allem dem B2B Bereich bietet dies neue, innovative Facetten und Multiplikatoren: von Brand Awareness, Customer Journey und Experience bis hin zu neuen Vertriebswegen - allein durch Technologie, die die reale Welt mit dem Metaverse und darüber hinaus verbindet.

Und auch das in sich geschlossene Metaverse bietet Marken und Designer:innen heutzutage neue wirtschaftliche Absatzwege und nicht weniger kreatives Potenzial durch die stetig wachsende, virtuelle Community, die sich neu formt, interagiert und potenzielle Umsätze generiert.

Was diese Verschmelzung von realer und virtueller Interaktion für die Berlin Fashion Week in Zukunft bedeuten kann und wie weit eine Symbiose beider Welten Mehrwert bietet, erzählt uns Gründer der Agentur SHOWZ, Ayan Yuruk, im Interview.

Hallo Ayan, vielen Dank für deine Zeit und das Interview. Kurz vorweg: Hast du die Metaverse Fashion Week im März selbst mitverfolgt? Wenn ja, wie lautet dein Resümee? 

Natürlich haben wir als Team die Metaverse Fashion Week verfolgt. Es bestand schon vorab ein großer Andrang, da die Brands das Marketing hierfür sehr smart aufgezogen haben. Man konnte einzelne Outfits kaufen, um überhaupt zu den virtuellen Shows zu gehen. Nachteil war allerdings, dass Decentraland als Metaverse von der Qualität nicht den Standards entspricht, die man heutzutage aus z.B. modernen Video Games gewohnt ist und erwartet. Heißt, die visuelle Gestaltung war noch sehr pixelig und die Mode kam nicht entsprechend zur Geltung. 

Was aber sehr gut funktioniert hat, ist der Press- und Marketing Buzz drumherum. Man hat darüber bereits Wochen vorher gesprochen, alle wollten sehen, was aktuell passiert und die Brands, die teilgenommen haben, waren omnipräsent. Andere Metaverses sind von der Qualität her bereits ausgereifter, aber DECENTRALAND ist derzeit noch am bekanntesten unter den bestehenden. 

Wir befinden uns noch in der Erkundungsphase. Brands machen noch keine riesen Umsätze im Metaverse. Die reale Welt bleibt weiterhin ein wichtiger Bestandteil für die eigene Brand- und Marketingstruktur, gerade nach der Pandemie ist die  Face-to-face Interaktion wieder spürbar wichtiger geworden. Das Metaverse sollte daher nicht komplett abgelöst vom Rest stattfinden,  sondern in die eigene Marketingstrategie integriert werden.

Mit Showz treibst du innovative, oben beschriebene Brand Experiences maßgeblich voran. Welche Erfahrungen konntest du mit der Umsetzung für Marcell von Berlin zur letzten Berlin Fashion Week machen? 

Dass solche Konzepte für die Modeszene in Deutschland noch sehr neu sind und wir viel Begeisterung schaffen können für das Thema. 

Würdest du sagen, dass das Erkennen von dem Potenzial, das das Metaverse bietet, steigt?

Definitiv. Das Metaverse wird zusätzlich schon für den direkten Austausch im B2B-Bereich genutzt, sei es als Konferenzen für und mit Expert:innen, Schulungen oder Workshops und somit entwickeln sich natürlich auch die Möglichkeiten immer weiter, was Interesse und Offenheit, Teil davon zu werden wiederum steigert.

Könnten solche virtuellen Events eine realistische Konkurrenz für die Offline-(Mode) Welt bedeuten?

In naher Zukunft denke ich nicht, dass die virtuelle Welt Überhand nimmt. Natürlich wird das virtuelle Angebot wachsen, weil die Möglichkeiten ganz anders sind, das Markenerlebnis zu erweitern und den Kund:innen mehr zu bieten, als rein in der physischen Welt. Das Storytelling und Aufboosten einer Brand ist das Interessante an der virtuellen Welt und natürlich werden Unternehmen das irgendwann vermehrt nutzen. Es suchen bereits viele Marken den Schritt ins Metaverse, wie Balenciaga oder kommerziell gesehen z.B. H&M tun es bereits, aber für kleinere Brands und Designer:innen ist es natürlich eine Budgetfrage. Wenn es nicht zwingenderweise einen Mehrwert bringt, dann sollte sich in jedem Falle überlegt werden, ob es Sinn macht, sofort auf den Hype mit aufzuspringen. 

Thinking BIG: Könnte es in Zukunft auch eine alleinige Berlin Fashion Week im Metaverse geben?

Dafür steht unsere Hauptstadt ja. Wir sind Zentrum der Tech-Branche und Start-Up-Szene in diesem Bereich und natürlich auch die Mode und Labels sind sehr bold und avantgardistisch. Berlin hätte definitiv das Potenzial für eine virtuelle Fashion Week. 

Werdet ihr uns zur kommenden Berlin Fashion Week im Januar bereits mit weiteren Events überraschen?

Absolut. :)