Systemwandel: Ist die Zukunft der Mode zirkulär?

©Foli Creppy for EMEKA
©Foli Creppy for EMEKA
Nachhaltigkeit wird auch in der Mode zunehmend nicht mehr nur als optional und trendy, sondern als notwendig angesehen. Dazu gehören ethische Arbeitsbedingungen, biologische Abbaubarkeit und recyclingfähige Materialien. Noch einen Schritt weiter geht die Vision, die bisherige lineare Wirtschaft der Modebranche ganz aufzugeben zugunsten einer Kreislaufwirtschaft.

Circular Fashion: längerer Produktlebenszyklus, weniger Müll

Anstatt nicht mehr getragene Kleidungsstücke auf dem Müll enden oder verbrennen zu lassen, womit sie auch als Ressourcen für immer verloren gehen, visiert die Circular Fashion einen längeren Produkt- und Materiallebenszyklus an: Das Kleidungsstück bekommt über Second-Hand-Handel, Leasing-Modelle, Reparatur, Upcycling oder Spende zunächst mehrere Chancen auf einen längeren Produktlebenszyklus. Danach wird das Material recycelt oder kompostiert. Ziel ist es, den Wert der Materialien ökologisch und ökonomisch zu erhalten sowie Müll und Umweltverschmutzung zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. 

Materialien und Rohstoffe: recyclingfähige Kollektionen

Doch wie kann ein solcher Systemwandel gelingen? Die meisten Pioniere auf dem Gebiet der zirkulären Systeme sind sich einig, dass es sich um einen integrativen Prozess handelt, der alle Akteure einbezieht. Sämtliche Labels, auch der Massenproduktion, müssten künftig alle Phasen im Lebenszyklus eines Kleidungsstücks verantwortungsbewusst überdenken und gegebenenfalls kreativ neu gestalten − von der Auswahl nachhaltiger Fasern und Materialien über Design und Konstruktion der Kollektionen, Produktion, Transport, Lagerung, Vermarktung, Verwendung und Weiterverwendung bis hin zum Recycling.

Zu den Herausforderungen gehört es, die Kollektionen von Vornherein so zu designen, dass sie überhaupt recyclingfähig sind. Das betrifft auch Materialien und Rohstoffe. Denn beim Recyceln ist beispielsweise eine Trennung von Mischgeweben aus natürlichen und synthetischen Materialien oft gar nicht machbar. Und um den Wert zu erhalten, müssen Fasern in ihre einzelnen Komponenten zerlegt werden. Zudem sind Farbstoffe zu vermeiden, die die Langlebigkeit eines Produkts beeinträchtigen.

Und schließlich fehlen im Recyclingprozess noch effiziente Strukturen. Für ein materialspezifisches Recycling der Textilien beispielsweise braucht es einfache Möglichkeiten, die Materialien händisch oder automatisiert zu identifizieren. 

Berliner Designagentur circular.fashion vernetzt Akteure

Eine Basis, um all diese Herausforderungen integrativ anzugehen, hat das Berliner Start-up circular.fashion geschaffen. Über eine eigens entwickelte Plattform hat die Designagentur damit begonnen, Akteure der deutschen Textil- und Modeindustrie und der Recyclingindustrie miteinander zu vernetzen und auch über Workshops gemeinsam mit Circular Berlin und  Berlin Partner für die vielen ineinandergreifenden Prozesse zu sensibilisieren. 

Bestandteile der Software sind eine Materialdatenbank, ein Produktkonfigurator sowie ein Identifikationscode mit relevanten Informationen, über den sich die Kleidungsstücke tracken lassen, etwa um zu entscheiden, wo das Textil recycelt werden kann. 

Kollektionen aus recycelter Mode: Emeka Suits und Boslos aus Berlin

Zu den Pionieren einer Kreislaufwirtschaft gehören unter anderem auch zwei kreative und innovative Upcycling-Labels aus Berlin. Bolsos bietet handgefertigte Upcycling-Taschen aller Art aus recycelten Werbebannern, Markisenstoffresten, Gummitüchern oder Schulkarten an. Emeka Suits stellt aus westlichen Altkleidern, die in Afrika den Markt überfluten, coole Anzüge her. „Bei EMEKA haben wir Upcycling-Methoden integriert, um Kleidung zu schaffen, die wirklich zirkulär ist. Wir beginnen dort an, wo andere Kleidung aufhört, und schließen die Lücke zwischen Abfall und der Neuerfindung von Abfall. In vielerlei Hinsicht sind unsere Outfits Müll, und darauf sind wir stolz“, sagen die Macher auf der Website.